Von Mäusen und Küken


Gestern war bei uns ja mal was los, so rein futtertechnisch gesehen, meine ich. Zur Mittagszeit hat unsere Menschenfrau mal das übliche Futter beiseite gelassen und für uns was Neues aus dem Froster geholt: Zur Vorspeise gab es Baby-Mäuse (7 Tage alte) und als Hauptgang Eintagsküken. Baby-Mäuse hat sie uns schon früher mal hingestellt (2 Tage alte), aber da ich diese damals geradezu unzerkaut inhalierte (und meine Schwester Livi kein einziges Stück davon abbekam), wollte unsere Menschenfrau, dass wir etwas mehr zu kauen haben und hat deshalb grössere Mäuse besorgt. Tatsächlich musste ich da ein bisschen herumkauen, aber ich habe mich natürlich sofort mit Wonne daraufgestürzt. Unsere Menschenfrau hatte in gutgemeinter Absicht 5 Mäuse hingelegt; 3 für mich und 2 für Livi. Da sie ja weiss, dass ich immer wahnsinnig schnell und gierig meinen Napf leere, wollte sie damit sichergehen, dass Livi genug Zeit bleibt, ihre eigenen Mäuse zu verschlingen. Tja, was soll ich sagen, falsch gedacht. Ich hatte in Rekordzeit 4 Mäuse verputzt und wollte mich soeben auf die 5te stürzen, als mich meine Menschenfrau hochhob und zu sich auf die Couch setzte. Eine unerhörte Frechheit, sowas!

Sie wollte natürlich nur, dass Livi in Ruhe die letzte übrig gebliebene Maus fressen kann. Tja, Livis Fehler, dass sie endlos lange mit der Maus spielte und sich nicht so richtig zum Zubeissen entscheiden konnte. Ich habe mich natürlich in den Armen meiner Menschenfrau solange gewunden, bis ich endlich frei kam. Wie ein Blitz war ich dann am Napf meiner Schwester und die Maus war Geschichte. Endstand 5:0 für mich!

Und dann kam das Küken. Sowas kannte ich bisher noch nicht. Natürlich musste das gelbe, flauschige Ding zuerst "totgespielt" werden. Ein prächtiger Spass war das, wie der Federball hoch in die Luft flog. Durch das halbe Wohnzimmer ging die Verfolgungsjagd. Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass dieses Ding doch sehr verlockend nach Fleisch riecht. Ab da gab es kein Halten mehr. Begonnen mit den kleinen Füsschen und Beinchen habe ich mich mit Wonne über den Festtagsschmaus hergemacht. Am Schluss blieben nur einige flauschige Federfläumchen und ein wenig Sauerei vom Dottersack zurück. Da war natürlich wieder meine Menschenfrau gefragt, welche das sofort brav weggemacht hat. Ich war nach 5 Mäusen und 1 Küken so pappsatt, dass ich mich dann ausnahmsweise nicht mehr für das Küken interessierte, mit dem Livi noch immer spielte.


Ja, das war in der Tat ein ungewöhnliches Mittagessen gestern. Ich will mich ja hier nicht abfällig über meine Schwester äussern, aber sie kann mich manchmal schon in den Wahnsinn treiben mit ihrem Futterneid. Ich wollte mir diese haarlose kleine Mini-Maus am Anfang doch eigentlich nur etwas genauer anschauen. Ich habe sie auch mit der Pfote gepackt und durch die Luft geworfen, ein bisschen herumgeschubst, mal hier und da ein wenig daran geleckt - und war noch immer unschlüssig, ob ich jetzt herzhaft hineinbeissen soll oder doch nicht - und schon steht Shari wie aus dem Nichts heraus da und hat mir das gut weichgeklopfte Mäuschen unter der Nase weggeschnappt. Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Natürlich habe ich mir nichts von meinem Ärger anmerken lassen und so getan, als ob mir das alles völlig gleichgültig wäre. In Wahrheit hätte es mich aber schon mal interessiert zu wissen, wie so eine Maus schmeckt. Schliesslich sehe ich nicht zum ersten Mal, wie Shari genüsslich Mäuse frisst und sich dabei das Mäulchen vor Wonne leckt. Nun gut, unsere Menschenfrau hatte ja noch einen weiteren Trumpf auf Lager. Sie servierte den zweiten Gang in Form eines Eintagskükens. Also, da habe ich mich erst mal auf meine vier Buchstaben gesetzt und Shari dabei beobachtet, was sie mit dem gelben Ding anfängt, das in ihrer Futterschüssel lag. Shari hat sofort das Raubtier aus sich herausgelassen und das Küken durch die halbe Wohnung geworfen. Das sah so spassig aus, dass ich es ihr gleichtat und mein Küken auch ein bisschen herumschubste.

Ich bin ja bekannterweise nicht so ein Raubein wie Shari und spiele nicht ganz so aggressiv mit meinem Futter rum. Irgendwie wusste ich halt doch nicht so recht, was es mit diesem Federbüschel auf sich hat. Irgendwann - Shari hatte ihr eigenes Küken schon lange aufgefressen - ging meine Menschenfrau hin und schnitt meinem Küken ein Beinchen ab. Sie meinte wohl, ich müsse den Geruch von Fleisch in die Nase bekommen, damit ich verstehe, um was es hier geht. Ich habe ihr dann eine Freude gemacht und ein bisschen auf dem Bein herumgeknabbert. Nachdem nichts weiter passierte, ging die Menschenfrau einen Schritt weiter und schnitt eines der kleinen Flügelchen ab. Damit liess sich dann widerum prima spielen. Zu mehr liess ich mich jedoch nicht bewegen. Seufzend schnitt die Frau am Schluss noch den Kopf des Kükens ab. Ich sah ihr bei dem Prozedere ein bisschen verständnislos zu, habe mich dann aber dazu herabgelassen, ein bisschen mit den verschiedenen Kükenteilen zu spielen. Am Schluss habe ich dann tatsächlich noch das Kükenflügelchen gefressen, aber hauptsächlich, damit meine Menschenfrau endlich Ruhe gibt. 

Im grossen Ganzen war dieses Mittagessen wie ein Kinder-Überraschungsei: Spiel, Spass, Spannung und was zum Naschen. Aber soviel Arbeit für ein bisschen Essen? Die ganze Anstrengung hat mich dann doch am Ende etwas hungrig gemacht, so dass ich mir den Bauch im Anschluss an der Trockenfutter-Schüssel vollgeschlagen habe.

Ach ja, und heute soll es dann frischen Lachs zum Mittagessen geben...