Fotosession


Also Leute, wir können euch sagen, so ein Katzen-Leben ist wahrlich nicht einfach, wenn man so wunderschön ist wie wir (das mit der Schönheit sagt unsere Menschenfrau immer, also muss es wohl stimmen).

So weit so gut. Das Problem an der Sache ist, dass unsere Menschenfrau jeden noch so süssen Blick von uns fotografisch festhalten will. Ein Beispiel:

Es ist ein wunderschöner Sonntag-Nachmittag im Herbst. Die Sonne scheint warm und gemütlich durchs Wohnzimmerfenster und wir zwei liegen entspannt auf dem Sofa und dösen. Alles ist friedlich, im Hintergrund surrt leise die Geschirrspülmaschine. Unsere Menschenfrau sitzt neben uns und sieht sich einen netten Nachmittagsfilm an. Voller Wonne reckt und streckt sich Livi und bleibt auf dem Rücken liegen, alle Viere von sich gestreckt. Unsere Menschenfrau springt entzückt auf, hechtet zur Handtasche, holt ihr Handy raus und schaltet es ein, um zu fotografieren. Natürlich haben wir zwei die plötzliche Hektik durchaus wahrgenommen und sitzen inzwischen aufrecht und in gespannter Haltung auf dem Sofa. Unsere Menschenfrau ist zwar enttäuscht, dieses tolle Bild von Livi nicht mehr festhalten zu können, aber da das Handy nun schon mal zur Hand ist (und wir wie gesagt so wunderschöne Katzen sind), wird trotzdem wild drauf los geknippst.

Wo wir beide jetzt schon mal wach sind, fangen wir ein bisschen an, miteinander zu raufen. Unsere Menschenfrau schiesst derweilen ein Foto nach dem anderen. Während einer kurzen Verschnaufpause unsererseits schaut sie sich ein paar Fotos an, runzelt die Stirn, murmelt was von „Mist, alles unscharf“, und springt schon wieder auf.

Diesmal galoppiert sie in den Nebenraum, fingert die Digitalkamera aus der Fototasche und ist wie der Blitz wieder an unserer Seite. Das Problem an so einer Digitalkamera ist: Es gibt viel zu viele Einstellmöglichkeiten und viel zu wenig Zeit, um sich Gedanken über die richtige Blende oder sonstige Kameraeinstellungen zu machen. Also was tun, wenn man so ein Katzen-Wrestling bildlich festhalten will? Die schnellste Lösung: Sportprogramm rein und draufhalten! Wir beide sind vom Kamerageräusch so abgelenkt, dass wir unsere Prügelei sofort beenden und das Sofa verlassen (es ist uns jetzt einfach zu ungemütlich geworden). Unsere Menschenfrau ist aber so richtig in Fahrt und denkt gar nicht daran, mit dem Geknippse aufzuhören. Sie folgt uns mit ihrem schwarzen Kasten durch die ganze Wohnung und macht zwischendurch immer mal wieder Schnalz- und Zischgeräusche, um einen süssen Blick von uns zu erhaschen. An ein gemütliches Faulenzen ist nicht mehr zu denken. Der Sonntag-Nachmittag ist für uns somit gelaufen.

 

Aber immerhin können wir unserer Menschenfrau damit eine Freude machen, denn wenn sie am Ende des Tages ihre über hundert geschossenen Fotos durchsieht und voller Stolz 4 gelungene Bilder findet, dann strahlt sie vor Glück und knuddelt uns ganz lieb.

 

Gottseidank geht sie morgen wieder zur Arbeit, dann können wir endlich in Ruhe ein Nickerchen auf dem Sofa geniessen. Und wenn wir Glück haben, ist das Wetter nächstes Wochenende düster, und die Kamera bleibt wegen fehlendem Fotolicht in der Tasche.